Warum CAD / CAM für Modellbauer ?

Eine kleine Einstiegshilfe.

Als Modellbauer hat man mit der Zeit eine Werkstatt voll mit sinnvollen, aber manchmal auch weniger sinnvollen Werkzeugen. Hier will ich mit der Zeit eine kleine Reihe von Werkzeugen vorstellen, die ich nicht mehr missen möchte. Und weil man ja erstmal einen Plan erstellen muss, wenn man was bauen will, hat sich's halt ergeben, dass wir hier mit einem entsprechenden Zeichenwerkzeug anfangen. Dass das nicht unbedingt ein Schmierzettel sein sollte, ist logisch. Aber auch Millimeterpapier ist nicht mehr unbedingt auf der Höhe der Zeit.

Erstmal ein paar Fakten:
Es gibt auf dem Markt eine Unzahl von CAD‑Programmen und noch mehr Erweiterungen zu denselben. z.B. für Architektur, Zimmererhandwerk, Maschinenbau, Elektrotechnik, etc... Um da durchzublicken, muss man sich schon einigermaßen mit der Materie auskennen. Das ist wohl der Grund, warum so viele Modellbauer mit Grausen behaupten: Das brauch ich net! Spätestens, wenn man bei dem Kumpel mit der Fräse ein Teil herstellen lassen will, wird's dann aber eng. Der verlangt nämlich, wie wir später sehen werden zu recht, ganz bestimmte Dateiformate.

Grafik‑ oder sogenannte Malprogramme wie Photoshop etc. sind für technische Anwendungen eher ungeeignet. Hier sollte ich vielleicht mal zwischendurch eine kleine Begriffserklärung einflechten:
CAD‑Programme sind immer Vektororientiert. D.h. Das Programm speichert keine "Striche oder Bildpunkte" sondern nur die Informationen zu den Objekten. Also: "Ziehe eine Linie von Punkt A nach Punkt B". Oder: "Konstruiere ein Rechteck mit den Koordinaten 0,0 / 100,200"
Grafikprogramme wie Photoshop arbeiten weitgehend Pixelorientiert und speichern die Informationen zu jedem Bildpunkt einzeln ab. Etwa so: "Setze einen grünen Punkt auf das Pixel (Bildpunkt) mit der Koordinate x,y".
Der Hauptunterschied für uns liegt in der Möglichkeit der Skalierung der Zeichnungen / Bilder. Verändern wir eine CAD‑Zeichnung in der Größe, z.B. beim Zoomen oder beim Drucken von Details, bleiben die Linien und Flächen immer "scharf". Bei Pixelbildern werden aber die Pixel beim Skalieren immer größer, sodass wir am Ende ein schönes Mosaik haben ‑ aber leider keine vernünftige Zeichnung mehr. Beim Drucken oder Plotten macht sich das noch heftiger bemerkbar. Design‑Programme wie Corel‑Draw oder Inkscape können beide Formate gleichzeitig. Prima, das können wir später brauchen! (s.U.)

Weiter mit CAD:
Erster Stolperstein: Wer mit einem bestimmten Programm eingearbeitet ist, tut sich sehr schwer, ein anderes zu akzeptieren. Also wird uns praktisch jeder, der mit einem bestimmten Programm arbeitet, auch nur dieses empfehlen. Ich selbst arbeite seit 1989 mit AutoCAD‑LT und Nachfolgern. Das kam damals als abgespecktes 2D‑AutoCAD für 200DM auf den Markt. Bis 2006 hab ich die Upgrade‑Orgie mitgemacht, dann wurde mir die Sache als Privatanwender zu teuer. Weil meine 2006er Version nicht unter Windows ab Version7 läuft, wurde diese in eine Virtuelle Maschine verbannt. Dort fristet sie seit geraumer Zeit eigentlich nur noch ein Dornröschen‑Dasein. Es gibt inzwischen genügend Alternativen für Privatanwender.

Wie kommen wir hier also weiter?
Erstmal versuchen wir's mit den Programmen, die gar nix kosten. Da kommen die Open‑Source‑Programme wie FreeCAD etc. in Frage. Zumindest FreeCAD hat sich inzwischen ganz schön gemausert.

Als Nächstes wären da noch die "abgespeckten Schnupperversionen" von kommerziellen Programmen:
SolidEdge 2D ist so ein Kandidat, der ein Bisschen mehr kann. Man mus sich beim Hersteller registrieren, aber das ist die Sache wert.

Also mal SolidEdge 2D getestet.
Als AutoCAD‑User musste ich ganz schön umdenken!
Was es leider nicht kann: Profilkoordinaten einlesen, das packt nur die Vollversion.
Fast alles was ich sonst für 2D benötige, ist aber vorhanden. Nur muss ich die Funktionen zuerst mal finden.
Die Grundfunktionen sind sowieso bei allen CAD‑Programmen ziemlich gleich. Striche ziehen kann man nach einer Minute. Parallelen zeichnen nach Zwei :‑). Schwieriger wird's bei Funktionen wie skalieren, stutzen, fasen, einpassen...
Inzwischen arbeite ich für 2D gerne mit SolidEdge. Für 3D nehme ich Fusion 360 (siehe weiter unten).

Und da sind wir schon bei der Frage:
...was kann ich mit dem Computer besser machen als mit dem Bleistift?
Eine einfache Antwort gibt es nicht. Es gibt heute noch Leute, die haben zuhause ein Zeichenbrett mit Maschine und konstruieren dort alles Eins zu Eins. So einer zieht eine Linie mit dem Bleistift fast schneller als ich mit dem Pc :‑( Wenn er aber eine oder zwei Parallelen ziehen muß, bin ich mit CAD der Sieger :‑) Richtig los geht's aber wenn mal etwas geändert werden soll. Radiergummi und Glasfaserstift brauch ich nicht.
Hat man sich mal etwas eingearbeitet, findet man auch zu der Funktion "mit Parametern arbeiten". D.h. ich verwende anstatt absoluten Maßen für mein Material einfach Parameter. Wenn mir dann plötzlich einfällt, dass ich anstatt 4mm Sperrholz doch lieber 6mm verwende, ändere ich in der Zeichnung einen einzigen Parameter und alle Maße und Dimensionen sind ab sofort auf 6mm Material angepasst. Will ich das wieder rückgängig machen, kein Problem. Besonders bei Änderungen des Masstabes hat das viele Vorteile. Wird eine Zeichnung mit festen Maßen auf das Doppelte vergrößert, wird automatisch auch das verwendete Material doppelt so dick. Nicht wenn das Material per Parameter fest auf einen bestimten Wert, z.B. 4mm eingestellt ist.
Zudem kommt noch das Block‑System ins Spiel. Will heissen, ein bestimmtes Teil, einmal gezeichnet, kann als Block gespeichert oder exportiert werden. Danach kann ich es überall wieder einfügen, an beliebiger Stelle, mit genau definiertem Einfügepunkt und in genau definierter Größe. Jetzt hat der tüchtige Zeichner an seinem Brett leider endgültig verloren. ;‑(
Aber bitte nicht schadenfroh sein. Bis wir soweit sind, müssen wir schon einiges an Einarbeitungszeit investieren. Nix gibt's wirklich umsonst. Nicht mal kostenlose Programme. Und deine Daten wollen sowieso fast Alle ;‑)

Hier mal die seitherigen Ergebnisse aus meinen Überlegungen zu CAD und Modellbau:
Pro CAD:
Genauigkeit, Reproduzierbarkeit, Skalierung problemlos, Fräsdateien erstellen kein Problem, Profilkoordinaten überreichlich aus dem Internet.

Kontra CAD:
Einarbeitungszeit, Kosten, Pc unverzichtbar, Scanner und Drucker sinnvoll.

Was ist eigentlich mit Corel‑Draw?!?
Ich kenne Corel‑Draw von Anfang an. Das Programm hat sich ganz schön entwickelt. Wer's mag, soll ruhig damit arbeiten, aber mit einem richtigen CAD‑Programm geht's besser. Inzwischen gibt es auch Corel‑CAD (gut, aber nicht ganz billig). Wer schon Corel‑Draw hat, bitte nicht wegschmeissen! Wer's nicht hat, holt sich jetzt mal schnell und kostenlos Inkscape aus dem Internet.
Ab hier werden wir's brauchen.
Zum Vektorisieren von z.B. eingescannten Bildern.
Diese liegen uns normalerweise als Pixelgrafik vor. Mit den o.g. Nachteilen: Ungenau, nicht skalierbar, pixelig. Wie kommen wir denn jetzt aus der Nummer wieder raus? Relativ einfach sogar: Hier gibt es wie immer zwei Wege. Nein! Nicht wie sonst, "richtig oder falsch" :‑) Hier heißt's "automatisch oder zu Fuß"

Am Beispiel von Inkscape, weil's jeder ohne Kosten einsetzen kann:
Wir öffnen ein Bild mit der Funktion "Datei öffnen".
Jetzt die Funktion "Pfad / Bitmap Vektorisieren" ausführen.
Dort die "Kantenerkennung" aktivieren. "OK" drücken. Feddisch!
Leider meistens so, wie das Programm es für richtig hält. Ohne uns zu fragen! tss..ts.. Es geht auch genauer, dafür mit mehr Arbeit verbunden.
Wir öffnen also wieder die (pixel)‑Grafikdatei. Jetzt zeichnen wir aber die Konturen mit der Funktion "Bezierkurven und Geraden" selbst per Hand nach. (Ja, ja sch... Gefummel. Ich hab's ja gleich gesagt, es ist mehr Arbeit ;‑) Danach löschen wir den Pixelteil der Grafik und schauen uns unsere Vektorzeichnung ohne den Hintergrund an. Die dürfen wir jetzt noch umfangreich nachbearbeiten. (können wir aber auch später im CAD‑Programm machen) Spätestens jetzt wird uns klar, warum der Kumpel mit der Fräse "vernünftige" Dateien haben will. Der muss das nämlich sonst selber machen. (Zettel einscannen, vektorisieren, berichtigen.....) Das wird der nit tun ;‑)
Auch das kann man ‑ wen wundert's ‑ anders machen. Nämlich direkt im CAD‑Programm. Bei einigen dieser Programme, z.B. Fusion 360 kann man eine Bitmap‑Grafik als Hintergrund einfügen und dann die Linienzüge der Grafik nachzeichnen. Meiner Meinug nach der beste Weg zu einem sauberen Ergebnis.

Ist 3D also wiklich notwendig?
Schwierig zu beantworten. Wenn ich nur das machen will, was ich seither mit Bleistift und Papier gemacht hab, reicht 2D völlig aus. Zum Konstruieren von Modellen und Teilen davon eigentlich auch. Andererseits macht's aber schon Laune, meine Konstruktion als 3D‑Modell anzuschauen. Ausserdem isses modern;‑)
Die neuen, schicken 3D‑Drucker kommen gar nicht ohne 3D‑Vorlage aus.

Aktualisierung:
Die Firma Autodesk hat ihr 3D‑CAD Programm FUSION 360 für private Anwendung frei gegeben. Naja ‑ nicht ganz frei. Wie oft in solchen Fällen muss man halt mit seinen persönlichen Daten zahlen ;‑) Das hält sich hier allerdings in Grenzen. Also gleich mal los gelegt und die Software installiert.
Der erste Eindruck ist ‑ Beeindruckend!
Und das ändert sich auch nicht während der weiteren Beschäftigung mit dem Programm.
In Youtube gibt's ein paar deutsche Tutorials. Ein deutsches Forum existiert auch.
Richtig weiter kommt man allerdings mit den englischen Tutorials in Youtube.
Die sind wirklich reichlich vorhanden.
Nachdem ich mich jetzt mal in Stunden ‑ Tage ‑ Nächtelanger bewährter Trial & Error‑Manier einigermaßen in das Programm eingefuchst habe, steht für mich fest: Bis auf Weiteres bleibe ich für 3D bei FUSION 360!
2D macht mir allerdings immer noch mehr Spaß mit SOLID EDGE.

Also neues Fazit für 3D:
Autodesk FUSION 360 (für private Nutzung kostenlos),
FreeCAD (kostenlos),
SolidEdge‑Vollversion (für Studenten kostenlos, sonst nicht billig),
Oder die o.g. Design‑CAD‑Vollversionen.

(Die Liste ist natürlich nicht vollständig und dauernd ändert sich etwas.
Also immer mal selbst im Netz nach Neuerungen suchen)

Was ist mit "Malprogrammen"?
Manchmal braucht man tatsächlich ein pixelorientiertes Grafikprogramm. Sei es, um eingescannte Bilder nachzuarbeiten oder Teile daraus auszuschneiden. Hier ist der Platzhirsch eigentlich Photoshop. Für uns natürlich viel zu billig ;‑). Als kostenlose Alternative hat sich Gimp etabliert. Das kann inzwischen fast alles was Photoshop kann und ist auch von der Benutzeroberfläche irgendwie ähnlich aufgebaut. Also installieren und damit rumspielen, nur so lernt man's auch kennen. Nebenbei kann man auch noch die Fotos der Hausfrau ver(schlimm)bessern.:‑)



Und hier noch ein paar "Profilprogramme" für die Flugmodellbauer:
Profile 2.2: (kostenlos, läuft aber leider nur noch unter Xp) Schade.
Profili: (div. Versionen, unterschiedliche Kosten zwischen ca 20.‑ und 100.‑ EUR)
Tracfoil: Es gibt eine Schnupperversion für 45 Tage(Registrierung ca. 11.‑ EUR)
Einfach mal ausprobieren, es lohnt sich.

Profildateien im Internet:
UIUC Airfoil Database, NACA, etc.
Am Besten nach "Airfoil" suchen.

Warum hab ich die einzelnen Programme und Profilquellen nicht verlinkt?
Einfache Antwort: Viele Links zielen irgendwie, irgendwann, irgendwo, mit der Zeit ins Leere :‑(
Über den Namen findet man mit einer guten Suchmaschine heutzutage aber Alles.
Das ist meiner Meinug nach der bessere Weg als ein "toter Link".





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Achim Mathieu, aktualisiert 22.11.2020

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